Prádena del Rincón – das Tor zum Reservat der Biosphäre Sierra del Rincón

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Prádena del Rincón ist ein hübsches Dorf von 117 Einwohnern, das auf einem sanften Hügel liegt, der zum Tal des Garita-Baches abfällt. Sein Name (er leitet sich wahrscheinlich von „prado“ oder „pradera“ = Wiese ab) passt genau zur umliegenden Landschaft. Wiesen und Berge wechseln in einem schönen Kontrast ab. In seinem Gemeindegebiet steigen die Hänge der Sierra de la Puebla bis auf 1800 m Höhe auf. Das ist kein Wunder, denn Prádena del Rincón liegt zwischen den Ausläufern des Somosierra-Gebirges und dem Ayllón-Massiv. Das Dorf selbst befindet sich auf 1104 Metern über dem Meeresspiegel.

Es ist der erste obligatorische Halt, wenn du das Reservat der Biosphäre Sierra del Rincón besuchst. Denn wenn du über die M137 von Madrid kommst, ist es die erste Gemeinde, die zum Reservat gehört. Hier musst du durch, wenn du zu den anderen zur Biosphäre gehörenden Orten Horcajuelo de la Sierra, Montejo de la Sierra, La Hiruela oder Puebla de la Sierra möchtest.

An Wasser mangelt es hier nicht. Durch das 22 km2 große Dorfgebiet ziehen vielen Bäche. Obendrein durchquert auch der Bewässerungskanal das Gebiet. Er bringt Wasser von La Hiruela. All diese Besonderheiten zeigen dir, dass die Menschen hier respektvoll im Einklang mit der Natur gelebt haben. Die Hand des Menschen hat kaum in die Landschaft eingegriffen. Wiesen, Berge und Natur stehen im Vordergrund.

Blick ins Dorf und über das Tal
Blick ins Dorf und über das Tal

Die Flora und Fauna in diesem Gebiet entspricht der der Biosphäre Sierra del Rincón. Du findest Eichen, Stechpalmen, Ebereschen, Wacholder, Heidekraut, Kirschbäume, Birnbäume, Ulmen und aromatischen Pflanzen. Hier leben Füchse, Rehe, Wildschweine, Steinadler und eine große Anzahl von Vögeln.

Zur Geschichte von Prádena del Rincón

Das genaue Gründungsdatum ist nicht bekannt. Im Gemeindegebiet von Prádena wurden 1881 eine Fibrolithaxt aus der Bronzezeit und andere prähistorische Überreste gefunden. Es wurden aber keine Ausgrabungen durchgeführt, um die Existenz möglicher menschlicher Siedlungen aus dieser Zeit zu bestätigen. Auch den Überresten aus der Römerzeit ist man nicht nachgegangen.

Die erste Kunde vom Dorf taucht ähnlich wie bei den anderen Orten der Gegend aus der von König Alfons VI. 1076 gewährten Gerichtsbarkeit (Fuero) von Sepúlveda auf. Darin wird das Land zwischen den Tälern der Flüsse Lozoya und Jarama erwähnt, wo sich heute Prádena del Rincón befindet. 1085 eroberte Alfons VI. Buitrago del Lozoya von den Arabern, das zu jener Zeit Teil des Königreichs Toledo war. In diesem Zusammenhang gewährte der König im Jahr 1096 Buitrago das Recht auf Wiederbevölkerung und ein eigenes Wappen: ein Stier und eine Steineiche mit der Legende „Ad alenda pecora“ („zur Versorgung der Tiere“). Bei der Gründung der Comunidad de Villa y Tierra gehörte auch Prádena del Rincón zusammen mit anderen Dörfern der Region zu diesem Bevölkerungskern. Daraus schließt man, dass das Dorf in den Zeiten der Reconquista zwischen 1085 und 1096 gegründet wurde.

Was war eine Comunidad de Villa y Tierra?

Eine Comunidad de Villa y Tierra (zu deutsch etwa „Stadt- und Landgemeinschaft“) war eine Form der politischen Organisation der kastilischen Extremadura, die vom 11. bis 12. Jahrhundert vom Königreich Kastilien aus Al-Ándalus erobert wurde.

Eine Gemeinschaft von Stadt und Land bestand aus Gemeindeland, das verschiedene Dörfer um ein größeres Dorf umfasste, und das wiederum in sechs Sexmos oder acht Achtel unterteilt war. Diese Ländereien konnten als Verweis auf ihren Besitzer realengo sein, wenn sie dem König gehörten, abadengo, wenn sie einem Abt oder Bischof gehörten, solariego (angestammte Ländereien), wenn sie einem Adels- oder Militärorden angehörten, oder behetria, wenn die Einwohner selbst den Herrn wählten.

In diesem neuen System ist das Zentrum und die Achse des Verwaltungsschemas die Villa (Stadt). Die Nachbarn oder Stadtbewohner waren in einem Rat organisiert und erhielten vom König ein riesiges Gebiet von Hunderten und sogar Tausenden von Quadratkilometern, über das sie die Eigentums- und Organisationsrechte ausübten, die zuvor dem König, den Magnaten und den Äbten gehörten (Quelle Wikipedia).

Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das schaffen viele

Diesen Spruch von Friedrich Wilhelm Raiffeisen kannten die Leute aus den Dörfern der Sierra del Rincón offensichtlich auch. Deshalb schlossen sich Prádena del Rincón, Horcajuela de la Sierra, Montejo de la Sierra, La Hiruela und Puebla de la Sierra zum Gemeindeverband (mancomunidad) „Sierra del Rincón“ zusammen. Dies sind Gemeinden mit einer ausgeprägten Viehtradition, die derzeit wenig bevölkert sind (insgesamt etwa 718 Einwohner). Sie besitzen aber natürliche und kulturelle Ressourcen von großer Bedeutung.
Dieser Verband übernimmt die grundlegenden öffentlichen Dienstleistungen, die in der Verantwortung der Gemeinden liegen, die sie aber aufgrund ihrer geringen Größe nur schwer separat erbringen können. Dazu gehören:

Rathaus von Prádena del Rincón
Rathaus von Prádena del Rincón

Straßenbeleuchtung, Gesundheit, Städtische Friedhöfe, Bildung, Kultur, Sport, Jugend, Frauen und soziale Dienste, lokale Entwicklung und Tourismusmanagement, Feuerwehr, Katastrophenschutz und Kriegsdienstverweigerung, Erhaltung, Nutzung, Verteidigung und Verbreitung der natürlichen Umwelt, Straßenreinigung und Transport.
Der Sitz des Gemeindeverbandes befindet sich in Prádena del Rincón.

Wie komme ich nach Prádena del Rincón?

Wenn du mit dem Auto kommst:

Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln

Prádena del Rincón verfügt über vier Buslinien. Davon ist jedoch nur die Linie 191 direkt mit Madrid verbunden. Endhaltestelle ist der Busbahnhof an der Plaza de Castilla. Das sind die Buslinien:

  • Linie 191: Madrid (Plaza de Castilla) – Braojos de la Sierra
  • Linie 191C: Buitrago – Montejo de la Sierra
  • Linie 911: Buitrago – Montejo – La Hiruela
  • Linie 912: Buitrago – Montejo – Puebla de la Sierra

Was kann ich in Prádena del Rincón unternehmen?

Sehenswürdigkeiten

Schon am Eingang des Ortes macht ein Schild dich darauf aufmerksam, was man sich in Prádena anschauen sollte. Darunter befinden sich

Willkommensschild am Ortseingang von Prádena del Rincón
Willkommensschild am Ortseingang von Prádena del Rincón
  • Die Kirche Santo Domingo de Silos im romanischen und Mudejar-Stil aus dem 12. und 13. Jh.
  • Der traditionelle Backofen (horno tradicional )
  • Beschlagsstand (Potro de herrar )
  • Traditioneller Waschplatz (Lavadero tradicional)
  • Salmoral-Teich (Laguna de Salmoral)

Am spannendsten war für mich zweifelsohne die Kirche. Zum einen kannst du hier eine der best erhaltenen Nekropolen Madrids mit 96 in Stein gehauenen Gräbern besichtigen. Zum anderen gab es für mich eine Neuheit, nämlich die Glockenschmiede:

Glockenschmiede bei der Kirche Santo Domingo de Silos
Glockenschmiede bei der Kirche Santo Domingo de Silos

Anscheinend reisten die Glockenmeister im Mittelalter zu den Orten, an denen Kirchen gebaut wurden, und bauten dort ihre Werkstätten. Diese wurden in den Boden gegraben. Nach Abschluss der Arbeiten wurden die Öfen und Formen vergraben oder zerstört, um das Berufsgeheimnis des Handwerksmeisters zu bewahren. Die Entdeckung dieser Gießerei in Prádena del Rincón ist daher der Schlüssel zum Verständnis des Herstellungsprozesses handgefertigter Glocken, der mit der Herstellung einer Tonform begann, die dann vergraben wurde und nur das Loch offenließ, durch das die geschmolzene Bronze eingegossen wird. Der Ofen wurde dann über die vergrabenen Formen gehoben, aus dem die Metallschmelze floss. Nach Erkalten wurden die Formen ausgegraben und die Glocke von ihrer Tonform befreit.

Wanderwege

In Prádena gibt es viele Wander- oder Fahrradwege. Die meisten sind ausgeschildert, so dass du ihnen leicht folgen kannst. Einige von ihnen verlaufen auf der „Cañada de las Merinas“, eine Strecke der „Cañada Real“, die Viehtrift, über die das Vieh während der Transhumanz geführt wurde. In der Gemeinde Prádena gab es eine Ruhestätte, an der die Hirten Halt machten, damit sich das Vieh ausruhen konnte.

Nekropolis der Kirche Santo Domingo de Silos
Nekropolis der Kirche Santo Domingo de Silos

Die Kultur Kastiliens

Die Dörfer dieser Region sind allein schon durch ihren Ursprung fest mit in der kastilischen Kultur verwurzelt. Besonders ersichtlich wird dies während der Dorffeste.

Prádena del Rincón strahlt eine wohltuende Schlichtheit aus

Wie Alejandro López Andrada in seinem Buch „El viento derruido“ (Der eingefallene Wind) schreibt, liegt die Erinnerung eines Dorfes nicht im Materiellen, im Kalk und in den Steinen der Häuser, sondern eher in den Taten und Worten, in der Seele der Personen, die es bewohnen. Viele der Menschen, die hier wohnten, sind in die Stadt Madrid oder gar nach Deutschland, der Schweiz oder Frankreich gezogen, um sich dort ihre Zukunft aufzubauen. Einige haben aber dieser Versuchung widerstanden, und blieben dem langsamen Rhythmus des Dorfes, dem Klang der Natur, ihren Zyklen und der frischen, kühlen Bergluft verbunden.

Weiter in den Bergen, in La Hiruela und La Puebla de la Sierra, verstärkt sich dieses Gefühl. Es öffnet dich und du merkst, dass du jetzt ganz anders, offener, auf die Menschen hier zugehst. Sie sprechen dich ganz freundlich an und erzählen dir von sich aus über ihr Leben oder was sie tun, und zeigen dir stolz historische Orte in ihrem Dorf. Die einen holen gerade die Kinder von der Schule ab, der andere geht in den Garten graben. Eine weitere Nachbarin zeigt uns begeistert ihr Haus und ihre tollen Gemälde. Zum Abschied werden extra die besten Äpfel aus dem Keller geholt und dir mit einem lieben Gruß mit auf den Weg gegeben. Man gibt dir bereitwillig und ohne Hast Auskunft. Natürlich alles unter Bewahrung der strikten Hygienemaßnahmen und dem gebührenden Abstand. Aber die Art der Menschen macht es viel erträglicher.

Straße mit typischen Häusern
Straße mit typischen Häusern

Du lernst, dich wieder mal einfach in die Sonne zu setzen, und den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen. Beim Schlendern durch das Dorf erkennst du, wie die Menschen hier ihr Dorf mit Liebe und Geschmack renoviert und dabei die traditionelle Architektur respektiert haben. Die neuen Fassaden wurden mit dem wiedererwachten Wiederbevölkerungs- und Lebensgeist zementiert. Der Zahn der Zeit, der vor zwanzig Jahren noch allenthalben sein Unwesen trieb, wurde weitestgehend verdrängt. Irgendwie springt dieser Lebenswille auf dich über. Du fühlst dich ausgeglichener, auch wenn du dir all der Probleme eines Lebens in einer dünnbesiedelten Region bewusst bist.

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